Bedingungslos Lieben, das bedeutet für mich, dass mir total egal ist, was du sagst, machst, denkst, wie du aussiehst, an was du glaubst, wie du dich zu mir verhältst, ob du mich anhimmelst oder mich total doof findest. Liebe empfinde ich nicht als ein Gefühl, sondern als eine innere Haltung, eine Entscheidung. So als ob man in einen bestimmten Raum hineingeht oder halt nicht.
Deswegen kann bedingungslose Liebe auch nicht schwanken und niemals vergehen. Im Gegenteil zu dem, was wir als „verliebt“ bezeichnen. Das entspringt doch eher einem Mangelgefühl oder Selbstwertproblem, dass dann durch die Anwesenheit eines Menschen, der gleichzeitig in uns verliebt ist, verschwindet. Unsere Selbstzweifel und Minderwertigkeitsprobleme sind plötzlich verschwunden, wir sind glücklich. Wir leben mit dem Geliebten in einer vorübergehenden gegenseitigen Hypnose. Wenn die Droge nachlässt, und der andere in seiner betäubenden Wirkung auf uns nachlässt, fangen wir an ihn dafür zu hassen. Viel Spaß.
Ich liebe meine Frau nicht dafür, dass sie so toll ist (ist sie!), und auch nicht dafür dass sie so gut aussieht (sieht sie!) und auch nicht dafür, dass sie mich so toll findet (findet sie – naja zumindest überwiegend). Es ist eher so, dass ich mich entschieden habe, sie zu lieben, mit ihr mein Leben zu teilen, ihr zu vertrauen und mein Leben ohne wenn und aber in ihre Hände zu legen und mein Schicksal an ihr Schicksal zu binden, komme was da wolle. Dass ich sehen kann, dass sie ein von Gott geliebtes Wesen ist und eine wundervolle Seele hat, die mit meiner Seele liebevoll korrespondiert. Dafür, dass sie willens ist, mich zu lieben, auch wenn es ihr nicht immer gelingt, wie es mir auch nicht immer gelingt, manchmal gehen wir uns wahrlich epochal auf den Geist, und dann rappelt hier echt die Bude.
Ich war – und das ist glaube ich ein wichtiges Geheimnis unserer Ehe – nie im handelsüblichen Sinne „verliebt“ in meine Frau. Gut, oft sind wir uns so nah, dass ich regelrecht verknallt bin, und ihr geht das ebenso. Aber alles in allem ist Verliebtheit im Alltag wahnsinnig anstrengend und keine gute Basis für eine dauerhafte Beziehung. Das klingt jetzt so nüchtern, ist es aber nicht. Lieben statt Verliebtsein ist im täglichen Leben viel erfüllender, es ist nährend statt berauschend, es macht still statt besoffen und es kann dich wirklich glücklich machen.
Ich glaube, man kann nur in dem Maße glücklich sein, wie man bereit ist, bedingungslos zu lieben. Und mir hat die Entscheidung, etwas in mir zu finden, dass größer ist alles aller Schmerz und alles Leid, damals vielleicht das Leben gerettet. Wobei das jetzt so toll klingt, war aber alles andere als romantisch. Ich hatte damals keine Wahl: Sterben oder Lieben. In der Dunkelheit dieser Zeit MUSSTE ich einfach etwas finden, dass mich dieses ganze Elend überleben ließ, und ich musste sehr tief graben um da ran zu kommen, und alle Weltbilder, Konzepte und Ich-Identifikationen loslassen. Das Leben hat mich einfach geknackt – wie eine Nußschale.
Solange deine Liebe an Bedingungen geknüpft ist – und sei es, etwas zurück zu bekommen, ist es keine Liebe, dann ist es ein Benutzen des anderen, um emotionale Löcher zu stopfen. Um dir selbst die Angst zu nehmen, du seist nicht wertvoll, nicht liebenswert. Liebe ist ein ewiges Geben. Die Befriedigung, das Glück, kommen nicht aus dem BEKOMMEN, sondern aus dem GEBEN. Und je mehr du gibst, desto mehr Glück empfindest du. Denn die Liebe ist nicht IN DIR, sondern du BESTEHST aus ihr, alles besteht aus ihr und du wirst nur Teil des FLUSSES, wirst KANAL für die Liebe, die nicht deine ist, sondern die größte Gnade des Lebens. Und der einzige wahre Sinn unserer Existenz.