Als Coaches für Liebesbeziehungen begegnen wir oft Paaren, die darüber nachdenken, ihre Beziehung zu beenden. Oder der eine Partner steht noch zu der Beziehung, der andere ist sich nicht mehr sicher und spricht von Trennung.

Wie kann es sein, dass so viele Paare, die sich einmal sehr geliebt haben, die sich entschlossen haben, einen gemeinsamen Weg miteinander zu gehen, irgendwann an den Punkt kommen, dass sie die Beziehung nicht mehr weiterführen wollen… oder können?

Ja, es gibt Beziehungen, die sind wirklich nicht mehr zu retten. Dann haben sich die Partner so weit in verschieden Richtungen entwickelt, dass es einfach Zeit für einen neuen, eigenen Weg ist. Dann ist eine Trennung zumindest in der Summe etwas Gutes und nicht vermeidbar.

Aber es gibt viele Partnerschaften, und ich glaube, dass dies die große Mehrheit ist, bei der genug Gemeinsamkeiten und (wenn auch verschüttete) Liebe vorhanden ist, um einen Neustart zu schaffen. In diesen Beziehungen ist eine Trennung weder notwendig, noch macht sie die Beteiligten glücklicher. Wo vor allem die mangelnde Kommunikation, daraus entstehend viele kleine und große Verletzungen, einen immer breiter werdenden Graben geschaffen haben, vor dem die ehemals Liebenden nun ratlos stehen.

Beziehungen stellen uns vor große Herausforderungen, das liegt in der Natur der Sache. Wir stehen vor mitunter unüberwindlich scheinenden Hürden (oft basierend auf bewussten oder unbewussten traumatischen Erfahrungen), die wir aber ohnehin in die nächste Beziehung mitnehmen und dann dort lösen müssen. Oder in der übernächsten. Dafür haben wir aber die alte Beziehung geopfert, fast immer unter großen Schmerzen, immer mit hohem emotionalen Stress und meistens hohen Kosten verbunden. Und sofern Kinder mit im Spiel sind, bedeutet die Trennung oder Scheidung der Eltern für diese den Zusammenbruch ihrer bestehenden Welt und unweigerlich tiefe emotionale Traumata.

Aber in vielen Fällen könnten die Beziehungen gerettet und eine Trennung vermieden werden. Ich habe es vor 2 Jahren in meiner eigenen Ehe selbst erlebt.

In den ersten 10 Jahren hatten wir viel Auf und Ab, trotz guten Willens von beiden Seiten. Aber die teils schweren Vorbelastungen, die wir mit in die Ehe gebracht hatten, wie z.B. meine chronische Krankheit, kosteten uns viel Kraft und ließen kein harmonisches Miteinander zu. Trotz zahlloser Seminare, Therapeuten, spiritueller Berater, bei denen wir uns Hilfe suchten, trotz langer Gespräche, trotz echten Bemühens. Dennoch kamen wir in kein ruhiges Fahrwasser. Das zehrte uns aus.

Viele kleine gegenseitige Verletzungen, Missverständnisse, Lieblosigkeiten und Unzufriedenheit führten zu einer schleichenden Erosion des Vertrauens. Als dann noch größere Vertrauensbrüche dazukamen, knallte es endgültig. Ein Weiterführen der Beziehung schien endgültig nicht mehr vorstellbar. Aus der Bühne unseres gemeinsamen Lebens war ein Chaos geworden, das schützende Heim unserer Beziehung war über uns eingestürzt. Das was uns einmal verbunden hatte, das was unsere Beziehung einmal gewesen war, es existierte nicht mehr.

Wir sahen zu diesem Zeitpunkt aber keinen gemeinsamen Weg mehr. Der Graben aus Verletzungen und Misstrauen schien unüberwindbar geworden zu sein. Da das Zusammenleben in dem ständigen Wechsel von Traurigkeit, Hilflosigkeit und gegenseitigen Vorwürfen nicht mehr zu ertragen war, entschlossen wir uns zur (zunächst räumlichen) Trennung und suchten bereits nach eigenen Wohnungen. Ich hätte alleine gewohnt, unsere Tochter bei Elke. So weit waren wir schon. Die Trennung schien der einzige, zwar schmerzhafte, aber erlösende Ausweg zu sein.

Und genau in dieser Phase passierte das Unglaubliche, öffnete sich ein Tor, mit dem wir nicht mehr gerechnet hatten. Wir schafften die Wende. Und heute sind wir ein glückliches Paar.

Wir haben nicht nur die Welt unserer Tochter gerettet, sondern auch unsere eigene. Zudem sind wir miteinander sehr liebevoll geworden, und wenn heute “Schlechtwetter” aufzieht, kommen wir relativ unbeschadet dort wieder heraus. Unsere “alte” Beziehung existiert nicht mehr, aber wir haben eine ganz neue erschaffen können. Man könnte auch sagen, wir haben eine neue, höhere Ebene gefunden, auf der wir uns erstmals in echter Liebe begegnen konnten.

Daher möchte ich jenen Paaren, die über Trennung nachdenken, folgendes ans Herz legen:

Trennt euch nicht. Nicht bevor Ihr nicht ALLES versucht habt. Habt Ihr schon alles versucht, seid Ihr sicher?

Die Liebe irrt sich nicht. Ihr wart einmal gut füreinander, Ihr könnt es immer noch sein und zusammen sehr glücklich werden. Ihr werdet es auf ewig bereuen, wenn ihr an diesem Punkt aussteigt und nicht alles versucht habt, nicht nach einem ganz neuen Weg zueinander gesucht habt. Ich bin ganz sicher, dass es die meisten von euch schaffen würden, und dass es ein großer Fehler wäre, eure Beziehung abzubrechen.

Ihr habt euch einmal geliebt, und tief unter diesem ganzen Alltagsstress, unter den ganzen enttäuschten Erwartungen, den ganzen falschen Bildern, die Ihr füreinander habt, den ganzen Verletzungen, die ihr euch zugefügt habt, da schläft eure Liebe. Eine Liebe, die so tief und so kraftvoll ist, dass sie euch ein Leben lang aneinander binden kann und euch eine Erfüllung schenken kann, von der Ihr beide nie zu träumen gewagt habt.

Ihr steht jetzt am Abgrund. Das ist gut, denn ihr seid lange in die falsche Richtung gelaufen. Es ist nun die Zeit, euch ganz einander zuzuwenden. Euren Partner zu sehen, wirklich anzusehen. Es ist Zeit, zu sprechen. Und noch mehr ist es Zeit zuzuhören.

Sagt euch alles, wirklich ALLES. Gibt es irgendein Detail aus eurer Seele, euren Gefühlen, die ihr bisher versteckt habt? Sagt es. Zeigt es. Offenbart einander die dunkelsten Seiten, die in euch sind, und auch die hellsten. Sagt euch, wie sehr ihr einander schätzt, welche schönen und bewundernswerten Seiten ihr am anderen wahrnehmt. Und sagt Euch auch, was nicht schön ist, was ihr unerträglich findet, was euch verletzt, was ihr geschluckt habt ohne darüber zu sprechen. Ihr habt jetzt nichts mehr zu verlieren. Also sagt euch einfach ALLES.

Und wenn zwei Stunden Zuhören nicht reichen, dann setzt euch am nächsten Tag nochmal zwei Stunden hin. Und am nächsten Tag wieder, immer wieder, und wenn es hundert mal sein muss. Öffnet euch. Öffnet euch immer weiter. Öffnet euch so lange weiter, bist sich wieder ein kleiner Liebesstrom zwischen euch einstellt. Denn die Liebe ist da. Sie war nie weg. Sie konnte nur nicht mehr fließen, weil ihr euch einander verschlossen habt. Weil ihr bisher nicht gewagt habt, euch ganz zu zeigen.

Das Zuhören, das Sprechen, das sich wirklich gegenseitig SEHEN, das löst den Griff um eure Herzen. Dann kann die Liebe wieder fließen. Und ab diesem Tag dürft ihr nie mehr aufhören zu sprechen. Denn eure Liebe braucht Zuwendung, braucht Aufmerksamkeit, braucht Hinsehen. Jeden Tag. Immer. So wie der Körper die Atemluft braucht.

Ihr zweifelt, weil ihr euch nicht wirklich kennt. Würdet ihr euch kennen, hättet ihr keine Zweifel daran, dass euch gegenüber der wundervollste Mensch steht, der euch je begegnet ist, und dem Ihr je begegnen werdet. Dass genau dieser Mensch vom Schicksal in euer Leben gebracht worden ist, um euch zu zeigen, wer ihr wirklich seid.

Und dass es nicht einfach ist, dem Schicksal zu begegnen. Weil das weh tut. Weil das so unfassbar weh tut. Und weil es so viel Angst macht. Alles was ihr je an Schmerz, Angst, Einsamkeit und Wertlosigkeit verspürt hat, werdet ihr unter den Augen eures Partners wieder spüren. Und das ist schwer. Und das macht auch die Liebe so schwer.

Aber dort, genau dort, kann deine eigene Heilung beginnen. Deine Begegnung mit dir selbst. Dein Partner, dein Geliebter, ist dein Schlüssel dazu. Und weil du immer diesen Schmerz spürst, wenn Du ihn siehst, denkst du, er würde diesen Schmerz verursachen. Aber das ist nicht wahr.

Der Schmerz war immer schon da, und du spürst ihn, weil er sich jetzt meldet, weil er endlich gesehen und gehört werden will, und weil er endlich Teil von Dir sein will. Weil er endlich nach Hause will. Und weil er spürt, dass dort gegenüber ein Mensch ist, der bereit ist, dich mit all deinem Schmerz, mit deinen Verletzungen, deinen Unzulänglichkeiten zu lieben.

Deine Geliebte, dein Geliebter, ist deine Chance, endlich ganz zu werden. Endlich in die höchsten Möglichkeiten deines Selbst aufzusteigen, dort wo du furchtlos bist, wo du stark bist, wo du unbegrenzt und unbesiegbar bist. Weil du verstehst, dass du ein Wesen der Liebe bist. Dass du nie von der Liebe getrennt warst. Und nie getrennt sein wirst. Weil du endlich diese eine wundervolle, vollständige Version von dir selber bist.

Die Liebe ist kein Spaziergang. Sie ist ein Weg. Von einem tiefen Tal des Alleinseins hoch zu den Gipfeln deiner Möglichkeiten als lebendiges Wesen. Sie ist ein Marsch, ein langer Marsch, einer der nie aufhört, gegangen werden zu wollen. Ein Marsch, der deinem Leben den tiefsten möglichen Sinn verleiht. Diesen Weg gehen zu dürfen, ist das Beste, was dir je passieren konnte.

Der Weg der Liebe ist der zweithärteste Weg der Welt.

Der härteste ist, ihn nicht zu gehen.

Es gibt zwei Wege zur Erleuchtung.
Der eine ist das Leben als Mönch,
der andere ist die Ehe.
Die Ehe ist der kürzere.

-Maharishi Mahesh Yogi –

Mehr zu unseren Coachings für Paare und zu “unserem” Artikel im
STERN-Magazin Gesund Leben unter https://www.spirit-coaching.org/paar-coaching.

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